Klosters Music: Sie gestalten bei «Klosters Music 2020» am 31. Juli das Eröffnungskonzert zusammen mit dem Pianisten Simon Lepper und dem Wiener Klaviertrio und singen Beethovens Liederzyklus «An die ferne Geliebte». Was verbinden Sie mit diesem Werkzyklus?
Benjamin Appl: Während meines Studiums in München erlernte ich den Zyklus, den ich dann später auch mit Dietrich Fischer-Dieskau erarbeiten durfte. Es war auch das Werk, das ich damals in meinem ersten Konzert ausserhalb Europas beim Ravinia Festival in der Nähe von Chicago sang. Beethovens Meisterwerk ist also ein Stück, das ich schon länger mit mir herumtrage und immer wieder versuche neu zu beleuchten. Es ist in meinen Augen unglaublich aktuell, auch wenn vielleicht manche Bilder etwas überholt scheinen: In meinen Jahren als junger Erwachsener hörte ich mir oft «An die ferne Geliebte» an, gerade wenn ich reiste und mich doch nach jemanden sehnte oder wenn ich frisch verliebt war. Diese unverbrauchte, ja manchmal naive Sichtweise in Musik und Text gab mir immer Antrieb, Dinge romantischer oder positiver zu sehen.

KM: «Klosters Music» steht 2020 ganz im Zeichen Ludwig van Beethovens. Was war Ihr erster Kontakt zu Beethoven bzw. was bedeutet dieser Komponist für Sie?
BA: Mein erster Kontakt zu Beethoven war wahrscheinlich der zweite Satz aus der «Pathétique»-Sonate. Für diese Musik entwickelte ich eine grosse Liebe, so dass ich sie oft und wiederholt als Kind zum Bauen von Lego oder Playmobil anhörte. Beethoven schafft es irgendwie, die Menschen in alle Arten von Sphären zu heben, sei es ins Idyll oder in die dunkelsten Ecken. Im Dezember 2018 durfte ich in Osaka in einem Stadion vor 17’000 Leuten Mahler-Lieder singen, im zweiten Teil des Konzertes stand Beethoven’s Neunte Sinfonie mit 10’000 Menschen im Chor auf dem Programm. Was ich dort erlebte, erzeugte in mir Gänsehaut. Tausende japanische Sänger – alle auswendig vortragend – gaben mit ihrer ganzen Seele den Text «Alle Menschen werden Brüder»: Ein Zeichen von Miteinander, verbunden um den Globus – das ist Beethoven.

KM: Mit Simon Lepper verbindet Sie eine langjährige Zusammenarbeit. Gibt es einen besonderen Moment bzw. eine besondere Erinnerung ihrer Konzerte mit Simon Lepper, den bzw. die Sie mit uns teilen möchten?
BA: Mit Simon durfte ich viele wunderbare Momente erleben. Er ist nicht nur ein ausgezeichneter Musiker und einer der führenden Liedpianisten, sondern auch ein besonderer, interessanter Mensch, mit dem man auch gerne Zeit verbringt. Das ist unglaublich wichtig in einer musikalischen Beziehung zwischen Liedbegleiter und Sänger. Es gibt viele hervorragende Pianisten, aber nur wenige können dieses Vertrauen vermitteln, das der Sänger auf dem Podium benötigt. Gerade die beiden Konzertreisen nach Indien mit Simon waren etwas ganz Besonderes: Vom Affen, der uns plötzlich auf der Bühne die Ehre gab, bis zu ganz wunderbaren Begegnungen mit Konzertbesuchern, die noch nie zuvor westliche, klassische Musik gehört hatten.

KM: Sie treten das erste Mal im Bergdorf Klosters im Schweizerischen Graubünden auf. Was erwarten Sie?
BA: Ich liebe die Schweiz und spiele häufig mit dem Gedanken, mehr Zeit hier zu verbringen. Die Berge sind für mich der Ort, wo ich am besten Kraft tanken kann. Nachdem ich Bilder von Klosters gesehen hatte, freue ich mich ganz besonders darauf. So eine einmalige Umgebung inspiriert das Musizieren ungemein.

KM: Auf welche Ihrer zukünftigen Engagements freuen Sie sich am meisten und warum?
Das ist eine gute Frage, gerade unter den Gesichtspunkten von Covid-19. Ich würde es eher so formulieren: Ich freue mich momentan über jedes Engagement, das durchgeführt werden kann. Es gibt einige mutige Veranstalter – dazu zählt besonders auch Klosters Music – die unter bestimmten hygienischen Vorkehrungen wieder Konzerte veranstalten. Das ist wirklich Balsam für die Seele. In den vergangenen Monaten gab es sehr viele Angebote von Live-Streams und Übertragungen, aber das ersetzt alles nicht das Live-Konzert, wo Musiker und Publikum etwas gemeinsam erleben und teilen – und darauf freue ich mich am meisten.

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