Sir András Schiff, © Lukas Beck
Sir András Schiff, © Lukas Beck

«Bösendorfer ist Wiener Dialekt»

Sir András Schiff interpretiert beim Abschlusskonzert von Klosters Music Werke der Wiener Klassik. Was genau er spielen wird, möchte der Ausnahmepianist aber nicht verraten. 

Sein Porträt findet man nicht auf dem Cover von Hochglanzmagazinen, sein beseeltes Klavierspiel kennt keine Eitelkeit. Inniges Musizieren statt extrovertierter Show! Sir András Schiff gehört zu den Antistars der internationalen Klavierszene. In seinen Klavierabenden wird das Publikum zur andächtigen Gemeinde, die den feinen Farbdifferenzierungen und Anschlagsnuancen lauscht, mit denen er seine Werkdeutungen zu etwas ganz Besonderem macht. Bei Klosters Music spielt er Werke von Joseph Haydn und erstmals beim Festival auch von Wolfgang Amadeus Mozart. Der in Budapest geborene Pianist hat einen sehr breiten Horizont. Schiff leitete nicht nur mehrere Kammermusikfestivals und arbeitet häufig als Dirigent – mit der Cappella Andrea Barca hat er auch ein eigenes Kammerorchester gegründet. Ausserdem ist er ein geschätzter Klavierpädagoge. Diese grosse musikalische Erfahrung prägt sein Klavierspiel.

Von Beginn an dabei

Bei Klosters Music war er von Beginn an dabei und beschenkte das Publikum jedes Jahr mit exemplarischen Interpretationen der Musik von Bach, Haydn, Beethoven, Schubert und Brahms. Während der letzten beiden von der Coronapandemie geprägten Jahre hörte man von einigen Musikerinnen und Musikern, sie seien auch ganz froh gewesen über diese längere Zwangspause. Sir András Schiff dagegen hat den Lockdown nicht genossen, «obwohl es auch gut war, einmal zu Hause zu sein und etwas Ruhe zu finden. Dennoch: Ich hatte sozusagen meinen Lebensrhythmus verloren. Die tägliche Notwendigkeit zu arbeiten und zu üben war weg. Es schien, als gäbe es keine Energie mehr, keine Ziele und somit keine Motivation.» Aber er versuchte, das Beste aus der Situation zu machen. «Ich habe beispielsweise angefangen zu kochen und mir ein kleines aber ausserordentlich schmackhaftes Repertoire von ungarischen Spezialitäten erarbeitet», verrät der Pianist.

Im eigenen Bett schlafen

Obwohl Sir András Schiff, was das Repertoire angeht, immer wieder auf Vertrautes wie die Wiener Klassik, Komponisten der Romantik wie Schubert und Schumann, aber auch die Musik seines Landsmannes Béla Bartók zurückgreift, ist sein musikalischer Werdegang auch von Neugierde und Wissensdurst geprägt – gerade, was das Instrumentarium angeht. Werke von Franz Schubert nahm er auf einem Hammerflügel auf. Ludwig van Beethovens Diabelli-Variationen hat er sowohl auf einem Bechsteinflügel von 1921 als auch einem Brodmann Hammerflügel von 1820 eingespielt. Für seinen Klavierabend am 7. August 2022 um 17 Uhr im Konzertsaal der Arena Klosters, der das diesjährige Festival beschliesst, wird er seinen eigenen Bösendorfer-Flügel mitbringen, um Werke der Wiener Klassik zu interpretieren: «Auf dem eigenen Flügel zu spielen ist so, wie wenn man in einem Hotel im eigenen Bett schlafen könnte. Bösendorfer ist wie Wiener Dialekt, Steinway ist Hochdeutsch», sagt Schiff.

Neue Wege finden

Mit Ein Wiedersehen ist dieser Klavierabend überschrieben. Dass das detaillierte Programm im Vorfeld nicht im Detail publiziert wird, hat der Pianist ganz bewusst entschieden. «Wir müssen neue Wege finden, mit dem Publikum zu kommunizieren. Ich finde, dass die gewöhnlichen Rituale eines Konzerts zu steif, zu voraussehbar sind. Es fehlen die Überraschungen», sagt Schiff. Trotzdem kann man natürlich sicher sein, dass der Abend zu einem der Höhepunkte des Festivals werden wird. Nur welche konkreten Werke der Interpret ausleuchtet, bleibt im Verborgenen. Schiff geht es dabei immer um Texttreue, «aber auch das Wissen darum, wie man einen Text liest. Es gibt so viele Feinheiten, die gar nicht aufgeschrieben werden können. Es geht um die Kunst des Timings. Und ja: Die Freude an der Musik!»


Sir András Schiff können Sie am 7. August 2022 bei Klosters Music erleben. Tickets können hier erworben werden.