Francesco Piemontesi_Marco Borggreve
Francesco Piemontesi Photo: Marco Borggreve

Der Tessiner Pianist Francesco Piemontesi kommt erstmals zu Klosters Music  

Sein Terminkalender ist wieder gut gefüllt. Im Februar gastierte Francesco Piemontesi mit einem Bach-Busoni-Rezital im Wiener Konzerthaus und im Stadtcasino Basel. Im März steht neben der «Burleske» von Richard Strauss auch Robert Schumanns Klavierkonzert auf dem Programm, das der Schweizer Pianist unter anderem in Hannover, Braunschweig und Wien spielen wird. Aber auch in den letzten beiden Jahren in der Corona-Pandemie hatte Piemontesi genügend zu tun, spielte Konzerte mit geändertem Programm oder nur als Livestream ohne Publikum. Ausserdem nahm er sich endlich die Zeit, die «Transzendentalen Etüden» von Franz Liszt einzustudieren und aufzunehmen, wie er im Gespräch mit Arnt Cobbers im Podcast «Klassik viral» erzählt. Ein lang geplantes Projekt, für das dem Pianisten im normalen Konzertbetrieb die Musse gefehlt hatte.

«Ich konnte mir immer Zeit lassen»

Der 1983 in Locarno geborene Tessiner kann auf eine grosse internationale Karriere zurückblicken. Nach dem Studium an der Musikhochschule Lugano wechselte er zum israelischen Klavierprofessor Arie Vardie an die Hochschule für Musik, Theater und Medien nach Hannover. Die Klavierlegenden Alfred Brendel und Murray Perahia gehören ebenfalls zu seinen Lehrern. «Ich habe nie eine Medien-Karriere gemacht, ich hatte das Glück, mich kontinuierlich und ganz organisch entwickeln zu können. Ich konnte mir immer Zeit lassen», sagte Piemontesi kürzlich gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung. Der Pianist beschäftigt sich gerne lange und gründlich mit einem Komponisten, möchte die Musik von allen Seiten beleuchten. Alle Solowerke von Wolfgang Amadeus Mozart präsentierte er bereit in jungen Jahren in der Londoner Wigmore Hall. Sein Mozartspiel hat Natürlichkeit und Transparenz. Seinem leichten, hochdifferenzierten Anschlag merkt man die Beschäftigung mit der historischen Aufführungspraxis an – ein Cembalo steht in seiner Berliner Wohnung. Die Musik von Franz Schubert ist für ihn überlebenswichtig. Er arbeitet darin die Abgründe heraus, aber auch die ganz verträumten, hellen Sehnsuchtsorte.

Strenge und Freiheit, Kopf und Herz

«Francesco Piemontesi weiss genau um den Zusammenhang des Stücks, das er spielt. Dieser Pianist singt am Klavier. Und verfügt in seinem Spiel über eine wunderbare Kombination von Strenge und Freiheit, von Kopf und Herz», sagt Sir Antonio Pappano, Chefdirigent des römischen Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia, über den Schweizer Pianisten, mit dem er schon mehrfach zusammengearbeitet hat. Piemontesi schaut gerne über den Tellerrand hinaus, holt sich Inspiration aus der Architektur und der Natur. Als künstlerischer Leiter betreut er seit 2012 das jährlich stattfindende Festival «Settimane Musicali di Ascona». Aber er ist auch ein regelmässiger Konzertgänger und arbeitet als Interpret daran, die Farben eines Orchesters auf das Klavier zu übertragen. Und eine Geschichte zu erzählen, die weit über den Zusammenklang von Tönen hinausgeht.

Orchesterfarben im Klavier

Robert Schumanns Klavierkonzert in a-Moll op. 54, das er beim Eröffnungskonzert von Klosters Music gemeinsam mit dem Münchener Kammerorchester unter dem spanischen Dirigenten Pablo Heras-Casado interpretiert, ist ein erklärtes Lieblingswerk von ihm, da hier Klavier und Orchester besonders eng miteinander verwoben sind. Da wandern sogar einzelne Melodieabschnitte von dem einen zum anderen wie im ersten Satz. Für ihn besitzt dieses Konzert viele Solisten, nicht nur das Klavier. Das kurze Intermezzo muss für Piemontesi ganz delikat musiziert werden. Das Finale – eine Mischung zwischen ausgelassenem Tanz und heroischem Sieg. Das Publikum von Klosters Music darf darauf gespannt sein.


Eröffnungskonzert «Freiheit und Sehnsucht» am 30. Juli 2022 um 19 Uhr im Konzertsaal der Arena Klosters. Gioachino Rossini: Ouvertüre aus «Wilhelm Tell», Robert Schumann: Klavierkonzert in a-Moll op. 54 (Klavier: Francesco Piemontesi), Felix Mendelssohn Bartholdy: Sinfonie Nr. 4 in A-Dur «Italienische«, Münchener Kammerorchester, Leitung: Pablo Heras-Casado.